Ihr habt euch monatelang auf euer Baby gefreut, euch vorgestellt, wie es wohl aussieht, wem es ähnelt, ob es mal Trompete spielt oder Klavier, sportlich und/oder kreativ sein wird. Habt euch auf die Geburt vorbereitet, Babysachen gekauft oder geschenkt bekommen, das Zimmer eingerichtet, Hoffnungen und Befürchtungen geteilt, euch über Namen gestritten und geeinigt, und überhaupt alles getan, um dem Neuankömmling ein warmes Nest zu bereiten. In eurem Umfeld und in den Medien wird stets das Bild einer heilen Familienwelt verbreitet – und so wollt ihr es auch haben.
Und dann ist es endlich da – und alles ist auf einmal ganz anders: Statt jubelnder Freude herrscht plötzlich das heulende Elend. Tränen fließen und das Stimmungsbarometer weist steil nach unten. Schuld ist die hormonelle Umstellung, da die Östrogen- undProgesteron-Werte im Körper drastisch abfallen. Das löst bei vielen jungen Müttern unerwartete, dunkle Gefühle aus, Angst und Erschöpfung. Übliche Folgen sind auchSchlafmangel, Kopfschmerzen, Reizbarkeit und Ungeduld. Die gute Nachricht ist:Der Baby-Blues erwischt die meisten Mütter (ca. 50 - 80 Prozent) kurz nach derGeburt und verschwindet in der Regel nach ein paar Stunden oder Tagen von ganz alleine wieder. Geduld und Verständnis reichen aus - eine Behandlung ist nicht notwendig.
Anders dagegen bei der postpartale (postnatale) Depression: Typische Anzeichen sind extreme Selbstzweifel,Niedergeschlagenheit, massive Ängste, totaler Erschöpfungszustand. Besonders dieAngst und tiefe Scham, das Baby nicht lieben zu können, als Mutter zu versagen, gehören dazu. Die tiefe Verzweiflung kann auch noch Monate nach der Geburt auftreten und sogar zu Selbstmordgedanken und Selbstverletzungen führen. Hier reichen Rücksicht und Schonung nicht aus, um die Hoffnungslosigkeit zu überwinden. Die Wochenbettdepression ist eine psychische Erkrankung, die rund10 bis 15 Prozent der Mütter trifft und die professionelle Hilfe erforderlich macht.
Auch Väter (5 bis 10 Prozent trifft es)1 können nach der Geburt von Depressionen betroffen sein. Gerade in der heutigen Zeit haben viele Männer (und Frauen) besonders hohe Erwartungen an die Vaterrolle. Das schürt Versagensängste, Angst vor der finanziellenVerantwortung und auch Angst vor dem Verlust der persönlichen Freiheit. Manche haben die Geburt als traumatisches Ereignis erlebt und plötzlich das Gefühl, wederFrau noch Kind zu lieben. Betroffene Väter ziehen sich oft zurück und werden antriebslos und gleichgültig. Andere kommen einfach nicht mehr zur Ruhe und werden extrem reizbar. Auch hier ist dringend fachlicher Rat geboten – damit gelingt es den Vätern, die Krise zu überwinden. Und dies sogar zu 100 Prozent.
Für den jungen Vater ist es wichtig, dass er die Mutter in ihrem Gefühlschaos wirklich annimmt. Es reicht nicht aus, den Zustand mit irgendwelchen Floskeln zu verharmlosen. Sie leidet wirklich. Sie braucht das Wir-Gefühl durch ihren Partner. Vermittle ihr, dass du für sie da bist und sie mit all ihrenGefühlen und Ängsten annimmst, bei ihr bist. Berühre sie, nimm sie in den Arm.
Und für die junge Mutter ist wichtig, dem Vater exklusive Zeiten mit dem Baby zu gönnen, die beiden sich aneinander gewöhnen und den Papa einfach mal machen zulassen.
KörperlicheBewegung hilft beiden Partnern, sie wirkt sich positiv auf den Hormonhaushalt aus, kann die Laune verbessern und stärkt das Gemeinschaftsgefühl.
Ganz wichtig ist wie immer: Kommunikation! Miteinander! Sprecht miteinander, hört euch zu. Versucht, exklusive Zeiten für euch als Paar zu finden, so kurz sie zunächst auch sein mögen. Habt Verständnis für und Geduld miteinander. Nobody ist perfect – ihr auch nicht!
Sich einzugestehen, dass es ohne Hilfe von außen nicht geht, erfordert Weitblick und Mut! Und das ist gut für eure Beziehung zueinander und auch für die Entwicklung eures Kindes! Und lasst euch helfen. Ihr helft euch damit nur selbst.
Je eher eine postnataleDepression diagnostiziert wird, desto besser kann sie behandelt werden. Die Art der Depression bestimmt natürlich auch die Art der Behandlung.Erste Ansprechpartner sind Hebamme, Hausarzt oder Gynäkologe (hier wird das generische Maskulinum verwendet). Manchen wird eine Anleitung zur Selbsthilfe helfen, anderen eine Gesprächstherapie und wieder anderen antidepressive Medikamente.
Wir vermitteln euch gerne Spezialisten, die euch dabei unterstützen, gestärkt und alsFamilieneinheit aus der Krise hervorzugehen. Sprecht uns an!
1 Quelle: AOK; https://www.aok.de/bw-gesundnah/psyche-und-seele/wochenbettdepression-bei-maennern